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Literaturhinweise beziehen sich auf die Angaben im Literaturverzeichnis der Rubrik "Dokumente".


Eine Schule wird Burg

Eine Gauführerschule wird Gauschulungsburg, Gebietsführerschule oder Führerschule der Hitler-Jugend.
oder:
Eine Führerin ist kein Führer

Die Bezeichnung Gauführerschule Walkemühle findet sich im Jahre 1933 in etlichen Dokumenten der NSDAP oder in Zeitungen.
Bei der Recherche in der Zeitung Kurhessischer Erzieher wurden bei der Suche nach anderen Artikeln zwei Artikel über Tagungen in der Gauschulungsburg Walkemühle gefunden:

Die Vorgeschichtstagung am 10./11. Dezember 1938 auf der Gauschulungsburg Walkemühle.[1]
Bericht über die volkskundliche Tagung am 17./18. Dez. 1938 auf der Gauschulungsburg Walkemühle.[2]

Wieso wird eine Schule eine Burg?
Einen weiteren Hinweis gibt eine andere Stelle wieder im Kurhessischer Erzieher:

Aus Anordnungen der Reichsleitung wird folgendes bekannt gegeben:
Die Bezeichnung
Der Führer
war für uns Nationalsozialisten immer ein unantastbarer Begriff.
Heute ist der Führer der NSDAP. der Führer des gesamten Volkes und damit der Begriff staats- und weltpolitisch eindeutig festgelegt.
Ich ordne daher für die Oberste Leitung der PO. [Parteiorganisation] an,
daß kein Politischer Leiter, ganz gleich in welcher Stellung innerhalb der Partei oder einer der angeschlossenen Organisationen er tätig ist, das Wort Führer auch nicht in Verbindung mit einem anderen Wort, für sich verwenden darf.
[... ]
gez. Dr. Ley.[3]

War der Standesbeamte in Mörshausen 1941 kein PG? Er notierte nämlich auf einem Totenschein dass

am 6. Dezember 1941 […] der Gärtner Mathias Schwer am 5. Dezember 1941 gegen 8 Uhr 30 in Adelshausen Gauführerschule Walkemühle aufgehängt aufgefunden worden [ist].[4]

In Heft 3 der o.g. Zeitung[5], ist allerdings auch schon 1939 zu lesen:

Das Landjahr braucht Führerinnen.

Für pädagogisch vorgebildete Mädel besteht die Möglichkeit, als Führerin im Mädellandjahr einzutreten.
[…]
Mädel, die sich für diese Aufgabe geeignet fühlen, melden sich bei der Landjahrbezirksführerin im Regierungsgebäude in Kassel.

Die triviale Erkenntnis, dass eine Führerin kein Führer ist, bestand also - wie hier zu lesen ist - auch schon damals.

(Das benutzte Textverarbeitungssystem markiert die Worte Landjahr und Mädellandjahr als möglicherweise fehlerhaft; das Wort Landjahrbezirksführerin erhält keinen derartigen Hinweis.)

Offensichtlich wurde die o.g. Anordnung nicht befolgt: So wird z.B. einer Ausgabe eines
Heimatblatts für die Kameraden im feldgrauen Rock Unser ist der Sieg
vom Januar/Februar 1944 in einem Artikel die Walkemühle als Gebietsführerschule bezeichnet.
In anderen Artikeln des Blattes wird die Bezeichnung Führerschule der Hitler-Jugend gewählt.

Im Jahre 1944 bedarf es wohl intensiver Führung:

Wechsel in der Führung des Bannes Melsungen 761
K.-Bannführer Schmidt mit der Führung des Bannes Wolfhagen der Hitler-Jugend beauftragt.


In schlichter, zeitgemäßer Form vollzog sich am 6. Februar in der Gebietsführerschule Walkemühle die Einführung des neuen Bannführers, Oberstammführer Günther Stolle. In Anwesenheit der gesamten Führermannschaft des Bannes setzte der K.-Führer des Gebietes Kurhessen (14), Hauptbannführer Schmidt, Oberstammführer Stolle in sein neues Amt ein. Der bisherige K.-Führer des Bannes Melsungen 761, Gefolgschaftsführer Karl Schmidt, wurde mit der K.-Führung des Bannes Wolfhagen beauftragt.

Die Abzeichen für 18 Führerdienstgrade in der HJ werden hier angezeigt.

Edelkommunisten in der Provinz

oder: Die Brutstätte in der Kontinuität der Literatur.

Im Melsunger Tageblatt vom 15. März 1933 heißt es:

Die Walkemühle durchsucht und besetzt!
Gestern vormittag erschien in dem Erziehungsheim Walkemühle bei Adelshausen, in dem man in nationalen Kreisen schon lange eine kommunistische Brutstätte vermutet, eine Abteilung staatlicher Polizei, die mit Unterstützung von Hilfspolizei und einem Kommando SA. die Anstalt besetzte.[6]

Im Handbuch des Kreises Melsungen 1934 [7] findet sich diese Erwähnung:

Schon lange war es bekannt, daß das internationale Erziehungsheim Walkemühle bei Adelshausen eine kommunistische Brutstätte bildete…

In der offiziellen Geschichte der Stadt Melsungen[8] ist zu lesen:

Weiterhin werden politische Schutzhäftlinge in der Walkemühle inhaftiert. Sie war vor der Machtübernahme Schulungsstätte einer sozialistischen Splittergruppe, des „Internationalen Sozialistischen Kampfbundes" (ISK). Sie galt als Brutstätte für Edelkommunisten. Obwohl die Bewohner sich bei der Machübernahme schnellstens entfernten, wird das Anwesen durch SA und Hilfspolizei erstürmt, besetzt, durchsucht und in Besitz genommen. Da man der Bewohner nicht mehr habhaft werden kann, vergreift man sich an den Toten. Die führende Persönlichkeit der Bewegung, Professor Nelson und ein Arbeiter, die hier begraben liegen, werden mit städtischer Assistenz exhumiert und auf den jüdischen Friedhof überführt.

Unterstreichungen und Formatierungen von Ralf Schaper:
Die unterstrichenen Feststellungen sind beweisbar falsch!
So blieben Gustav Heckmann und Hellmuth Rauschenplat noch bis Anfang Mai 1933 in der Walkemühle polizeilich gemeldet
Weiterhin wird der Eindruck erweckt, dass die Exhumierung 1933 vorgenommen wurde im Gegensatz zu vorhandenen Quellen, dass dies nach März 1936 und vor 1939 vollzogen wurde. Über die sonstigen Bewertungen des Autors Schmidt mögen LeserInnen selbst urteilen.

Wie sich Formulierungen wie Brutstätte für Edelkommunisten weitervererben, selbst in sich seriös gebenden Publikationen, lässt sich schön an diesem Beispiel erkennen:

Später kaufte der Lehrer Ludwig Wunder die Mühle und richtete eine sozialistische Schule ein, die bald vom Göttinger Professor Leonard Nelson übernommen wurde. Bekannte Pädagogen an der Schule waren Minna Specht, die später an der Odenwaldschule unterrichtete, und Nora Platiel, welche später Landgerichtspräsidentin und Kommunalpolitikerin in Kassel war.
Am 14. März 1933 wurde die Schule als kommunistische Brutstätte besetzt, und in der Folge die Gauführerschule Kurhessen eingerichtet. Noch vor Einmarsch der Amerikaner im Jahre 1945 wurden die Gebäude angezündet und brannten ab.

Aus einer kommunistische Brutstätte wird so eine Brutstätte für Edelkommunisten und dann wieder nur eine kommunistische Brutstätte ohne edel; man zitiert ja nicht wörtlich!

Ein kurzer, leichter Blick in LAGIS, das Landesgeschichtliche Informationssystem Hessen des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde, hätte gezeigt, dass Nora Platiel nie Pädagogin war!!! Sie war auch nicht Landgerichtspräsidentin, sondern Landgerichtsdirektorin. Landgerichtspräsident war seinerzeit Dr. Erich Lewinski.
Außerdem wurden nicht die Gebäude angezündet, sondern nur die südlich der Landstraße gelegenen! Diese westlichen Gebäude der Walkemühle wurden direkt vor den aus westlicher Richtung von Malsfeld her anmarschierenden amerikanischen Truppen am 1. April 1945 von – nach mündlichen Überlieferungen – abziehenden HJ-Gruppen der „Gebietsführerschule Walkemühle“ angesteckt.

Sind die anderen Informationen des Artikels von Herrn Maurer gleichermaßen fundiert recherchiert?

Quellen

Kreis Melsungen [Hrsg.]
Handbuch.
Melsungen: Bernecker, 1934. [Ohne Paginierung.]

Maurer, Kurt
Melsunger Grenzgänge 2008 – 2010.
Mitteilungen des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1834 e.V.
Jg.52, Juli 2011, S. 27–32; hier S. 31, Digitalisat [htm].

Schmidt, Jürgen
Melsungen – Die Geschichte einer Stadt.
Melsungen: Magistrat der Stadt Melsungen, 1978.


Über die Arbeitsmoral von Belasteten

oder: PG.s bei Ordnungsarbeiten im Juni 1945

Abschriften:[9]

Der Bürgermeister Melsungen, den 13. Juni 1945
als Ortspolizeibehörde
Herrn
...................
hier
..................Str.Nr...

Auf Anordnung des Herrn Landrat sind ab Donnerstag, den 14.6. (morgen) für die Dauer von 1- 2 Wochen in der Walkemühle Ordnungsarbeiten durchführen. Sie sind zur Teilnahme an diesen Arbeiten bestimmt worden und haben sich morgen früh um 7.15 Uhr pünktlich an der Nürnbergerlandstrasse bei der Lederfabrik in Arbeitskleidung einzufinden. Verpflegung wird in der Walkemühle gewährt.

Die Herren: [Es folgen 14 Namen.]

Der Bürgermeister Melsungen, den 22. Juni 1945
als Ortspolizeibehörde

Analoger Brief wie oben mit [handschriftlich angeführten ca.] 10 Namen;
umseitig:

Durchdruck
Herrn Meier
Walkemühle

zur Kenntnisnahme.

Die am Freitag eingesetzte Gruppe von HJ-Angehörigen soll am Sonnabend wieder aufhören. Dafür sollen die im umseitigen Schreiben genannten HJ-Führer am Montag eine Woche arbeiten. Weitere Ablösung wird im Laufe der nächsten Woche bestimmt werden.

Melsungen,den 22. Juni 1945
Der Bürgermeister

Heinrich Meyer
Walkemühle Den 26. Juni 1945

An den
Herrn Bürgermeister
der Stadt Melsungen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister !

Nachdem gestern statt der bestellten 10 Hitler-Jungens nur 5 zu den Ordnungsarbeiten erschienen sind, ist heute überhaupt keiner erschienen. Um ein pünktliches Erscheinen zu gewährleisten, schlage ich vor, dass die von Ihnen bestimmten Personen sich jeweils um 7,15 Uhr bei der Polizei in Melsungen stellen.
Ich lasse sie dann durch einen Mann abholen. Auf diese Weise hat die Polizei eine unmittelbare Kontrolle, wer sich der Aufforderung entzogen hat. Die Alt-Pg. waren vorbildlich pünktlich und fleissig, was ich hiermit ausdrücklich hervorheben möchte.

Hochachtungsvoll
gez. H. Meyer

Der ISK auf der documenta 14

Der Internationale Sozialistische Kampfbund ISK gab von 1926 bis 1933 eine monatlich erscheinende Zeitschrift heraus.

Der Pathenon der verbotenen Bücher von Marta Minujin war das herausragende Objekt auf der documenta 14 2017 in Kassel.
Anlässlich des Aufrufs verbotene Bücher zu spenden, suchte ich bewusst diese zwei ISK-Hefte aus dem umfangreichen Nachlass meines Vaters heraus:

ISK 2. Jahrgang, 7. Heft, Juli 1927.
Otto Alpers Ein großer Tag. „Antidemokratische Illusionen“? S. 113-120.
Willi Eichler Die „Diktatur der Intellektuellen“. Eine „ernstliche Auseinandersetzung“. S. 121-130.
Zum Nachdenken: Friedlicher Klassenkampf!

Scan Deckblatt ISK-Heft



ISK 2. Jahrgang, 8. Heft, August 1927.
Rudolf Küchemann Freie Entwicklungsmöglichkeit – für wen? Zum deutschen Reichsschulgesetz. S. 131-146.
Nora Block[10] Kirchenaustritt und Kirchensteuern. Die gesetzlichen Regelungen in den deutschen Ländern. S. 147-153.
Henriette Danneil[11] Esperanto. S. 153-154.

Scan Deckblatt ISK-Heft



Alle am Parthenon der Bücher ausgestellten Druckschriften wurden vorher überprüft, ob, wann und wo sie verboten waren. Dazu gibt es neben dieser Übersichtsseite ein Verzeichnis, also die List of banned books.
Mit der Überprüfung wurde ein Forschungsprojekt an der Universität Kassel unter Leitung von Prof. Nikola Roßbach beauftragt. Um den BearbeiterInnen den Entscheidungsprozess bei den ISK-Heften zu erleichtern, erhielten sie diesen Link zu den Fotos auf der Seite des Projektes Widerstand in Göttingen, auf denen ISK-Hefte deutlich auf dem Scheiterhaufen am 10. Mai 1933 in Göttingen zu erkennen sind. Informationen zur dortigen Bücherverbrennung finden sich auf dieser Seite.

Auf dem Friedrichs-Platz in Kassel, auf dem der Parthenon der Bücher errichtet wurde, fand am 19. Mai 1933 eine Bücherverbrennung statt. Am 8. Septembe1941 brannten hier Bücher der Hessischen Landesbibliothek beim Bombenangriff auf Kassel. Die Seite zeigt dazu einige Bilder, z.B. dieses, auf dem noch Bücher im Schutt zu erkennen sind.

Doch nun endlich zu den ISK-Heften am Parthenon der Bücher:
An der Südseite

Ansicht Süd

auf der linken Säule

Ansicht Süd 1

wurde in prominenter Nachbarschaft etwas höher als Augenhöhe das Heft 7 vom Juli 1927 angebracht

Ansicht Süd 2

neben dem Kapital von Karl Marx.

Auf den sehenswerten Seiten von Universes in Univers zur documenta 14 ist die Säule[12] mit dem ISK-Heft auch zu sehen.

Das Heft 8 vom August 1927

Ansicht Nord

wurde an der Nordseite direkt an der Eingangsrampe an der zweiten Säule von links angebracht.

Ansicht Nord 1

Da hängt das Buch Geschichte der russischen Revolution von Leo Trotzki direkt neben dem ISK-Heft.

Ansicht Nord 2


Ob diese beachtenswerten Hängungen bewusst oder durch Zufall entstanden sind, ist nicht bekannt.


Die Walkemühle in der Ausstellung

1918. ZWISCHEN NIEDERLAGE UND NEUBEGINN
Text an den Eingängen zur Ausstellung

Ihre erste gemeinsame Ausstellung präsentieren das Hessische Landesmuseum Kassel und das Stadtmuseum Kassel jeweils auf einer Internetseite.
Die Hessisch-Niedersächsische-Allgemeine hat neben etlicher Reklame 53 Fotos aus den Museen ins Netz gestellt.
In einer umfangreichen Bildersammlung zur Ausstellung gibt es bei Bild 8 ein Foto der Kuratorinnen und einiger RepräsentantInnen der Kasseler Kulturszene.
Der Kuratorin im Landesmuseum, Frau Dr. Lüdicke, gilt der Dank für die Genehmigung im Museum fotografieren zu dürfen.[13] So wurde diese Seite ermöglicht.

Zur Eröffnungsveranstaltung der Ausstellung im vollbesetzten Bürgersaal des Rathauses hielt Professor Dr. Jens Flemming den Festvortrag mit dem Titel

Die deutsche Revolution von 1918/19: Errungenschaften und Versäumnisse

An den Eingängen zu den Ausstellungsräumen hängt das nebenstehende Plakat.

Während sich das Stadtmuseum in der Ausstellung stärker auf Geschehnisse in der Stadt Kassel bezieht, wird im Landesmuseum auch auf einige Ereignisse in der Region Nordhessen hingewiesen.
Dazu gehörten die Exponate zur Walkemühle in Adelshausen bei Melsungen.

1918 mi.jpg

Die Texte aus der Ausstellung werden auf dieser Internetseite kursiv geschrieben und ergänzt durch einschlägige Links.[14]

Landerziehungsheim Walkemühle
Das Landerziehungsheim Walkemühle sah sich als Ort der Charaktererziehung. Diese war ein wesentliches Element reformpädagogischer Ideen. Auf Grundlage der sokratischen Lehrmethode des Philosophen Leonard Nelson (1882-1927) sollten vor allem die Fähigkeiten des eigenständigen Denkens und verantwortungsbewussten Handeln geschult werden. Dieses Prinzip wurde auch unter der Reformpädagogin Minna Specht (1879-1961) aufrechterhalten, die 1924 die Leitung des Hauses übernahm. Die in der Walkemühle unterrichteten Kinder und jungen Erwachsenen bildeten mit dem Lehrpersonal eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft.


Die linke Spalte der Präsentation

Die Fotos von der linken Seite der Präsentation sind hier jetzt rechts wiedergegeben. Oben finden sich zwei Fotos aus der Anfangszeit des Landerziehungsheimes:
Das oberste Foto

Ausbildungskurs junger Erwachsener, 1.8.1921

kann auch groß betrachtet werden.[15]



Hier kann das zweite Bild [16] von oben extra angesehen werden:

Spielende Kinder im Sandkasten, ca. 1923.











Darunter sind zwei wichtige, weitverbreitete Bilder von der Walkemühle zu sehen:
das dritte Bild [17] bzw. das vierte Bild [18] in Einzeldarstellungen.

Die ursprünglichen Titel der Bilder lauten:

Landerziehungsheim Walkemühle, in der Mitte das sog. Lehrgebäude, ca. 1924.
Landerziehungsheim Walkemühle, links die alte Mühle, rechts das Akademiegebäude, ca. 1925.

Auf dem dritten Bild ist rechts das Fachwerksgebäude die alte Mühle; zwei Neubauten sind in der Mitte das sog. Lehrgebäude und hinten links das sog. Akademiegebäude; dahinter sind die ersten Häuser von Adelshausen zu erkennen; vorn die Landstraße von Melsungen nach Spangenberg.

Das vierte Bild wurde auch für den Kopf dieser Seiten benutzt.
Es zeigt die Walkemühle ca. 1925, links der Fachwerkbau ist die alte Mühle, rechts ist das sog. Akademiegebäude zu sehen.

Der abschließende Text:

Der Reformpädagoge Ludwig Wunder eröffnete 1921 in der Walkemühle eine Schule. Gemeinsam mit Leonard Nelson und Minna Specht entwickelte er im folgenden Jahr das Konzept für ein Landerziehungsheim, das 1924 eröffnet wurde. Eigentümerin wurde die unter anderem von Nelson und Specht gegründete Philosophisch-Politische Akademie, die die Erwachsenenausbildung für Funktionäre des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes übernahm. Daneben gab es die Abteilung für Kindererziehung.


In der Mitte der Präsentation im Museum werden drei wichtige Dokumente gezeigt:
ein Brief von Ludwig Wunder und zwei Stundenpläne.

1918 mi.jpg

Zuerst der Brief [19] von Ludwig Wunder vom 23. März 1924 an den Kreisschulrat mit der Bitte der Oberlehrerin Frl. Minna Specht zu genehmigen im Landerziehungsheim zu unterrichten.

1918 m 1.jpg

Der Text des Briefes:

23. März 1924xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxEingeschrieben

Sehr geehrter Herr Kreisschulrat!

In der Anlage gestatte ich mir, Ihnen die Geburtsurkunde und zwei Oberlehrerinnenprüfungszeugnisse von Frl. Minna Specht mit der Bitte zu übersenden, Frl. Specht als Oberlehrerin in Mathematik, Erdkunde und Geschichte für unser Erziehungsheim zulassen zu wollen. Weitere Zeugnisse hat Frl. Specht z. Zeit leider nicht mehr. Sie war als Oberlehrerin an regulären Schulen in Hamburg und später bei Hermann Lietz in Haubinda tätig, hat dort auch die älteren Knaben mit Erfolg unterrichtet und ist nach dem Urteil der Sachverständigen eine ausgezeichnete Lehrerin.
Unsere Bauten und Einrichtungen für den Unterricht sind jetzt im grossen und ganzen fertig. Wir haben 4 Kinder und etwa 8 erwachsene junge Leute hier und versuchen die Kinder nach den Methoden der Montessori, die Erwachsenen nach der von Prof. Nelson neu erarbeiteten sokratischen Methode in Lehrkursen zu unterrichten. Mir als Lehrer der Physik ist in dieser Methode eine neue Welt aufgegangen.
Es würde uns eine besondere Freude sein, wenn Sie uns durch Ihren Besuch Gelegenheit geben würden, Ihnen zu zeigen, wieviel uns in einer wissenschaftlichen Fortbildung der Unterrichtsmethoden gelegen ist. Auch Herr Prof. Dr. Nelson, der z. Zeit seine Universitätsferien hier verbringt, würde sich freuen, Sie kennen zu lernen.
Wenn es Ihnen indessen lieber sein sollte, dass ich Ihnen Frl. Specht in Rotenburg vorstelle, so bitte ich um freundliche Mitteilung.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener
L. Wunder
Anlagen
1 Geburtsurkunde
2 Oberlehrerrinnenzeugnisse

[Die roten handschriftlichen Anmerkungen konnten leider nicht entziffert werden.]

Rechts neben dem Brief werden zwei Pläne gezeigt, die schematisch Hinweise zum Unterricht in der Walkemühle geben:

Tagesplan für Robert (8½ J.), Gustel (6 J.), Tono (5 J.) .[20]

1918 m 2.jpg

Dieser Plan und der folgende sind auch in dem Buch von Rudolf Giesselmann Geschichten von der Walkemühle bei Melsungen in Nordhessen abgedruckt.

Der Begleittext in der Ausstellung:

Neben Deutsch und Rechnen wurden täglich Werk- bzw. Handfertigkeitsunterricht und Übungen im Beobachten und Erzählen durchgeführt. Dies war ein wesentliches Element der neuen Lehr-und Lernmethodik: Die Kinder sollten ihren Lehrstoff zunächst beobachten und ihn dann eigenständig verarbeiten.

Nun der Stunden-Plan für die größeren Schüler.[21]

1918 m 3.jpg

Dazu der Begleittext:

Wie der Tagesplan für die älteren Schüler zeigt, lag ein Schwerpunkt des Unterrichts neben sportlichen auf praktischen Aktivitäten, zum Beispiel im Laboratorium oder in den Werkstätten. Nach Ludwig Wunder würden körperliche Tätigkeiten ebenso wie das gründliche Studium der Naturwissenschaften der angestrebten Charakterbildung dienen.

Weitere Hinweise bzgl. der Ära Ludwig Wunder, der Ära Minna Specht und des Pädagogischen Konzepts in späteren Jahren in der Walkemühle gibt es auf den Anfangsseiten zum Landerziehungsheim Walkemühle.

Ausführlich Berichte über den Schulbetrieb mit Aussagen der damaligen Schüler finden sich in der erweiterten Fassung (1997) der Geschichten von der Walkemühle bei Melsungen in Nordhessen: Wirkungsfeld von Minna Specht, Leonard Nelson, IJB und ISK, der Examensarbeit von 1987 von Rudolf Giesselmann Die Walkemühle in Nordhessen. Erkundungen der deutschen Zeitgeschichte, zentriert in einem regionalen Brennpunkt.
Das Inhaltsverzeichnis dieses Buches.

Die rechte Seite der Präsentation: Zentral ist das Faksimile eines Aufsatzes[22] von Leonard Nelson.

1918 ru.jpg

Der Begleittext:

„In dieser Schule braucht man nicht zu lügen." In diesem Satz fasst Leonard Nelson zusammen, was das Landerziehungsheim Walkemühle sein soll: ein Ort, an dem Kinder ihren Glauben an die Wahrheit, ihr Selbstvertrauen und ihr Rechtsgefühl bewahren können. Dies zeige sich in Mut und Beharrlichkeit beim Vertreten der eigenen Überzeugung.

„In dieser Schule braucht man nicht zu lügen." ist der meist zitierte Satz aus dem Werk von Leonard Nelson. In einer Übersicht von Zitatstellen sind bisher 29 Publikationen aufgelistet (Stand 12.12 2018).

Rechts gibt es dann dieses Foto von Leonard Nelson und Minna Specht.[23]
Der Begleittext:

Minna Specht, Mitbegründerin des ebenfalls in der Walkemühle beheimateten Internationalen Jugendbunds (IJB), kam 1924 als Lehrerin für Mathematik, Erdkunde und Geschichte an die Walkemühle und übernahm im selben Jahr die Leitung.

Dieses Foto wird auch gezeigt auf einer Seite zu Minna Specht bei der Gedenkstätte Deutscher Widerstand ebenso wie auf der Seite Der Internationale Sozialistische Kampfbund (ISK) des Projektes Widerstand in Göttingen.

Die Hinweistafel

Die Walkemühle Adelshausen im Wandel der Zeit

75 Jahre nach Kriegsende gibt es an der Walkemühle eine Hinweistafel:

Die Walkemühle Adelshausen im Wandel der Zeit.
Ansicht Hinweistafel


Initiiert vom Heimat- und Verkehrsverein Adelshausen und finanziert aus Geldern im Rahmen der GAK Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes wurde im Dezember 2020 diese Hinweistafel aufgestellt:[24]

Detailansicht der Hinweistafel


Vielen Dank an den Heimat- und Verkehrsverein Adelshausen und den Ortsvorsteher, Herrn Wolfgang Weyh.[25]

Einzelnachweise

  1. Kurhessischer Erzieher, 83 (1) 1939, S. 10.
  2. Kurhessischer Erzieher, 83 (2) 1939, S. 58.
  3. Reichsleiter der NSDAP und Leiter des Einheitsverbands Deutsche Arbeitsfront.
  4. Standesamt Mörshausen (Spangenberg), Sterbenebenregister 1941, Blatt 4. HStAM Bestand 920 Nr. 5205.
  5. Kurhessischer Erzieher, 83 (2) 1939.
  6. Melsunger Tageblatt, Mittwoch, 15. März 1933, 2. Blatt, Nr 63; Neues aus Stadt und Kreis. UB Kassel 38 ZA 2211.
  7. Kreis Melsungen
  8. Schmidt, S. 233.
  9. Hessisches Staatsarchiv Marburg: HStAM 330 Melsungen B Nr 2434
  10. Nora Block hieß später Nora Platiel.
  11. Henriette Danneil hieß später Henriette Ith.
  12. Das Heft ist über dem Kopf der Frau rechts zu sehen.
  13. Mit freundlicher Genehmigung der MHK machte Sebastian Lenth die Fotos in der Ausstellung.
  14. Die Adressen wurden am 12.12.2018 aufgerufen.
  15. Ausbildungskurs junger Erwachsener, 1.8.1921
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA006269.
    Das Hinweisschild in der Ausstellung:
    Ausbildungskurs junger Erwachsener, 1.8.1921
    Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung
  16. Spielende Kinder im Sandkasten, ca. 1923
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA030003.
    Das Hinweisschild in der Ausstellung:
    Spielende Kinder im Sandkasten, ca. 1923
    Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung
  17. © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA033584.
    Das Hinweisschild in der Ausstellung:
    Landerziehungsheim Walkemühle, in der Mitte das sog. Lehrgebäude, ca. 1924
    Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung
  18. © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA030337.
    Das Hinweisschild in der Ausstellung:
    Landerziehungsheim Walkemühle, links die alte Mühle, rechts das Akademiegebäude, ca. 1925.
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung
  19. Das Hinweisschild in der Ausstellung:
    Brief von Ludwig Wunder an den Kreisschulrat, 1924
    Faksimile, Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis
    © Hessisches Staatsarchiv Marburg, HStAM 166, 6437, Bl. 4 r.
  20. Tagesplan für die Kinder, 1924
    Faksimile, Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis,
    © Hessisches Staatsarchiv Marburg, HStAM 166, 6437, fol. 19 r.
  21. Tagesplan für die größeren Schüler, 1924
    Faksimile, Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis,
    © Hessisches Staatsarchiv Marburg, HStAM 166, 6437, fol. 20 r.
  22. Leonard Nelson: Über das Landerziehungsheim Walkemühle, 1926
    In: Die Tat. Monatsschrift für die Zukunft deutscher Kultur,
    Jg. XVII, Heft 11, S. 870, Jena.
    © Bundesarchiv Berlin, Nachlass Nelson, BArch N 2210/48, fol. 113
  23. © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung, 6/FOTA007805
    Text dazu in der Ausstellung
    Leonard Nelson mit Minna Specht bei ihrem Dienstantritt, 1924
    Melsungen-Adelshausen, Schwalm-Eder-Kreis
    © AdsD / Friedrich-Ebert-Stiftung
  24. Siehe dort Ende der Seite.
  25. Siehe Willkommen in Melsungen, S. 8.